Spionageabwehr

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Spionageabwehr bezeichnet die Tätigkeiten von Sicherheitsbehörden, fremde Spione im eigenen Land aufzuklären und zu bekämpfen,[1] um Staatsgeheimnisse zu schützen. Sie umfasst die Abwehr von Spionage-, Sabotage- und sonstigen aktiven Maßnahmen (z. B. politische Beeinflussung) fremder Nachrichtendienste. In einem engen Begriffsverständnis versteht man unter Spionageabwehr nur diese repressiven Maßnahmen. Im weiteren Sinne zählt dazu auch die präventive Spionageabwehr, der personelle und materielle Geheimschutz. Dieser erfolgt durch z. B. der Schutz von Verschlusssachen oder die Sicherheitsüberprüfung von Geheimnisträgern und deren Sensibilisierung vor den Gefahren durch Ausspähung und Ansprache durch gegnerische Nachrichtendienste. Auch die mit dieser Aufgabe betrauten Organisationseinheiten werden Spionageabwehr genannt.[2]

Spionageabwehr zielt nicht nur auf die Abwehr von Angriffen auf Geheimnisse staatlicher Stellen. Sie soll auch vor Spionagetätigkeiten gegen die eigene Wirtschaft schützen, um einerseits Wettbewerbsnachteile zu vermeiden und andererseits den Abfluss von Wissen über Wehrtechnik zu verhindern. Dazu zählen auch Technologien, die geeignet sind, Massenvernichtungswaffen und deren Trägersysteme herzustellen.

Die Gegenspionage ist vom Begriff der Spionageabwehr abzugrenzen. Sie beschreibt die Sammlung und Auswertung von Informationen mit dem Ziel, Erkenntnisse über Strukturen, Methoden, Mittel und Absichten fremder Nachrichtendienste zu gewinnen. Dazu zählt auch die Anwerbung derer Mitarbeiter als Doppelagenten.[3]

Spionageabwehr in Deutschland

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Alle deutschen Nachrichtendienste sind mit der Spionageabwehr befasst. Grundsätzlich ist gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 BVerfSchG das Bundesamt für Verfassungsschutz zuständig. Auch die Landesbehörden für Verfassungsschutz besitzen diese Kompetenz. Der Militärische Abschirmdienst wehrt gemäß § 1 1 Abs. 1 Nr. 2 MAD-Gesetz die Spionage gegen den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung ab, wozu auch die Auslandseinsätze der Bundeswehr gehören. Der Bundesnachrichtendienst bekämpft gemäß BND-Gesetz die gegen ihn selbst gerichtete Spionage in eigener Zuständigkeit.

Im Rahmen der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung ist auch die Polizei, hier insbesondere das Bundeskriminalamt und die Landeskriminalämter, involviert. Auf Seite der Staatsanwaltschaft ist allein der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof für die Verfolgung von Spionage-Tatbeständen befugt (§ 142a Abs. 1 Satz 1 GVG). Dort besteht eine eigene Spionageabteilung.[4] Dazu zählen unter anderem Landesverrat (§ 94 StGB) und geheimdienstliche Agententätigkeit (§ 99 StGB). Sie werden vor den Oberlandesgerichten angeklagt, die in Organleihe gemäß Art. 96 Abs. 5 Nr. 5 Grundgesetz i. V. m. § 120 Abs. 6 GVG Bundesgerichtsbarkeit ausüben.

Spionageabwehrbehörden in anderen Staaten

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Land Spionageabwehrbehörde
Australien Australian Security Intelligence Organisation (ASIO)
Belgien Staatssicherheit (VSSE)
Brasilien Agência Brasileira de Inteligência (ABIN)
Dänemark Politiets Efterretningstjeneste (PET)
Frankreich Direction générale de la sécurité intérieure (DGSI)
Griechenland Ethniki Ypiresia Pliroforion (EYP)
Indien Intelligence Bureau
Israel Schin Bet
Italien Agenzia Informazioni e Sicurezza Interna
Centro Intelligence Interforze
Kanada Canadian Security Intelligence Service (CSIS)
Niederlande Algemene Inlichtingen- en Veiligheidsdienst (AIVD)
Österreich Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (zivil)
Abwehramt (militärisch)
Pakistan Inter-Services Intelligence
Polen Agencja Bezpieczeństwa Wewnętrznego (ABW)
Portugal Serviço de Informações de Segurança (SIS)
Rumänien Serviciul Român de Informații (SRI)
Russland FSB
Schweden Säkerhetspolisen (Säpo)
Schweiz Nachrichtendienst des Bundes (NDB)
Militärpolizei Abschirmdetachement (MPAD)
Südafrika State Security Agency
Tschechische Republik Bezpečnostní informační služba (BIS)
Türkei MIT
Vereinigtes Königreich Security Service (MI5)
USA Federal Bureau of Investigation (FBI)
Defense Intelligence Agency (DIA)
  • Publikationen des BfV zum Thema Spionageabwehr. In: verfassungsschutz.de. BfV, abgerufen am 1. Februar 2019.
  • Henry Nitschke: Die Spionageabwehr der DDR – Mittel und Methoden gegen Angriffe westlicher Geheimdienste. edition berolina, Berlin 2018, ISBN 978-3-95841-092-3.
  • Gunter Warg: Spionageabwehr/Geheimschutz. In: Jan-Hendrik Dietrich, Sven-R. Eiffler (Hrsg.): Handbuch des Rechts der Nachrichtendienste. Boorberg, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-415-05921-4, S. 657–722.
  • Gert Buchheit: Der deutsche Geheimdienst – Spionageabwehr im Dritten Reich. Lindenbaum-Verlag, Beltheim 2010, ISBN 978-3-938176-21-4.
Commons: Spionageabwehr – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Helmut Roewer, Stefan Schäfer, Matthias Uhl: Lexikon der Geheimdienste im 20. Jahrhundert. Mit 1465 Abbildungen und Organigrammen. Herbig, München 2003, ISBN 3-7766-2317-9, S. 435 f.
  2. Helmut Roewer, Stefan Schäfer, Matthias Uhl: Lexikon der Geheimdienste im 20. Jahrhundert. Mit 1465 Abbildungen und Organigrammen. Herbig, München 2003, ISBN 3-7766-2317-9, S. 161.
  3. Helmut Roewer, Stefan Schäfer, Matthias Uhl: Lexikon der Geheimdienste im 20. Jahrhundert. Mit 1465 Abbildungen und Organigrammen. Herbig, München 2003, ISBN 3-7766-2317-9, S. 159 f.
  4. Schwerpunkte der Spionageabteilung. In: generalbundesanwalt.de. Abgerufen am 26. Januar 2023.